Wir haben mit Magda-Sarah Boulabiza vom "European Network Against Racism" über Rassismus in der heutigen Gesellschaft, Mittel und Wege, dagegen anzukämpfen und die Arbeit des ENAR gesprochen.
Hallo Magda! Für diejenigen, die Sie noch nicht kennen: Was macht das Europäische Netzwerk gegen Rassismus?
ENAR ist das einzige paneuropäische Netzwerk gegen Rassismus: Wir setzen uns für die Gleichstellung der Menschen ein und fördern die Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren gegen Rassismus in Europa! Wir sind ein Netzwerk mit mehr als 150 MitgliederInnen in ganz Europa, die sich für ein gerechtes und ausgewogenes Europa einsetzen. Die Organisation wurde 1998 von BasisaktivistInnen mit dem Ziel gegründet, rechtliche Änderungen auf europäischer Ebene zu erreichen und entscheidende Fortschritte bei der Gleichstellung der Menschen in allen EU-Mitgliedstaaten zu erzielen.
Welche Themen bereiten Ihnen im Moment die größten Sorgen?
Trotz des allgemeinen Bewusstseins für systemischen Rassismus, das im Jahr 2020 aufkam, wird Europa von rechtsextremen Medien, Politik und Narrativen heimgesucht, die sich gegen von Rassismus betroffene Gemeinschaften richten. Ihre Ideen werden normalisiert und auch außerhalb von politischen Parteien, Medien und Gruppen, die als rechtsextrem gelten, verwendet. Die wachsende Bedrohung durch die rechtsextreme Bewegung wird auf europäischer Ebene immer noch nicht angegangen. Das Ergebnis ist eine allmähliche Verschiebung der Politik der Europäischen Union nach rechts und eine Normalisierung von Rassismus und Diskriminierung.
Was war Ihr größter Erfolg im Jahr 2022, was sind Ihre Ziele für 2023?
Im Februar haben wir unseren Bericht zur Klimagerechtigkeit "Die Klimakrise ist eine (neo)koloniale & kapitalistische Krise: Erfahrungen, Antworten und Schritte zu dekolonialen Klimaschutzmaßnahmen" veröffentlicht, der die unverhältnismäßigen Auswirkungen der Klimakrise auf PoC in Europa aufzeigt. Wir haben auch daran gearbeitet, die Beziehungen zu unseren Mitgliedern zu stärken. Wir veranstalteten regelmäßige ENAR-Cafés, um uns mit ihnen auszutauschen und organisierten regionale Netzwerktreffen für Mittelosteuropa und Frankreich. Was die Interessenvertretung betrifft, so haben wir erfolgreich zwei „People‘s Summits“ organisiert, um sicherzustellen, dass die Gesellschaft in die Gestaltung der europäischen Antirassismuspolitik einbezogen wird.
Im Jahr 2023 wird ENAR sein 25-jähriges Bestehen feiern. Wir werden eine Reihe von Aktivitäten durchführen, die alle Gemeinschaften zusammenbringt. Sowohl um unsere Erfolge zu feiern, als auch in die Zukunft zu blicken, indem wir Momente der Reflexion schaffen. Angesichts der bevorstehenden Europawahlen im Jahr 2024 werden wir auch mehr Zeit investieren, um den normalisierten rechtsextremen Narrativen entgegenzuwirken, die unsere Gemeinschaften beeinflussen.
Wofür wurde die Spende in Höhe von 35.000 Euro aus dem letzten Jahr verwendet und in welcher Weise konnten wir Sie unterstützen?
Ich möchte Asphaltgold ganz herzlich für die großzügige Spende im Jahr 2021 danken. Der Aufbau eines dynamischen, effektiven, gut ausgestatteten, sicheren und belastbaren Anti-Rassismus-Netzwerks - einer Bewegung für die Gleichstellung aller Menschen und Gerechtigkeit in Europa - ist eines der strategischen Ziele von ENAR. Deshalb haben wir beschlossen, die 35.000 Euro, die eure Community letztes Jahr gespendet hat, unserem Empowerment- und Resilienzfond zukommen zu lassen, um seine Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit zu gewährleisten.
Der Empowerment- und Resilienzfond ist ein von ENAR geschaffener Mechanismus zur Unterstützung der Aktivitäten unserer Mitglieder. Im Rahmen dieses Programms können wir Antirassismus-Organisationen an der Basis finanziell unterstützen, um die Kosten von Projekten zu decken, die von Rassismus betroffene Communities unterstützen. Auch ihre tägliche Arbeit und Organisationsentwicklung werden mit Hilfe dessen finanziert oder zu ihrer Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit unterstützt. Unser Empowerment- und Resilienzfond basiert auf einem Modell der gegenseitigen Hilfe, d. h. wir wollen Wohlstand in unserer Gemeinschaft schaffen, indem wir Mitglieder anstellen, die wiederum andere Mitglieder unterstützen und deren Kapazitäten ausbauen. In diesem Jahr konnten wir 35 Zuschüsse von jeweils bis zu 10.000 € an unser Netzwerk vergeben. Mehr dazu findet ihr HIER und HIER!
Wie können Menschen Ihrer Organisation beitreten oder Sie auch ohne finanzielle Mittel unterstützen?
Unser Netzwerk ist offen für alle zivilgesellschaftlichen Antirassismus-Organisationen in Europa. In diesem Jahr konnten wir 10 neue MitgliederInnen begrüßen und in das Netzwerk aufnehmen. Einzelpersonen sind willkommen, uns zu unterstützen, indem sie unsere Botschaften, Berichte und Aktivitäten teilen, damit sie ein breiteres Publikum erreichen können. Wir sind außerdem sehr aktiv auf Twitter (@ENAREurope). Uns zu folgen und unsere Inhalte zu teilen, ist ein guter Anfang, um Solidarität mit der europäischen Antirassismusbewegung zu zeigen. Ich lade auch jede(n) ein, sich über Rassismus, seine Geschichte und seine Auswirkungen in der heutigen Zeit zu informieren.